
Marcel Duchamp (mit Pfeife)
Um 1948 begann Penn mit einer Reihe von minimalistischen Porträts, angeregt von Creative-Director Alexander Liberman, der die Intellektuellen- und Künstlerszene der New Yorker Nachkriegszeit für die Vogue porträtiert wissen wollte. Penn ließ u.a. Georgia O‘Keefe, Igor Strawinsky, Marcel Duchamp oder Truman Capote in einer Ecke mit weißen, leicht zerkratzten Stellwänden posieren, um sie vor diesem gnadenlos neutralen Hintergrund aus den gewohnten Posen zu locken. Der Winkel der Ecke betrug weniger als 90 Grad. Ein alter Teppich bedeckte den Boden. Penn platzierte auf ihm einzelne Fransen und Fäden (im vorliegenden Porträt am unteren Rand sichtbar), um so der monotonen Fläche, wie ein Maler mit dem Pinsel, eine Struktur zu geben. Es ist spannend zu sehen, wie sich die Porträtierten zu dieser nichts verzeihenden und reduzierten Kulisse verhielten. Marcel Duchamp sah den Engpass positiv und lehnte sich entspannt, ganz Dandy, mit angewinkeltem Ellbogen und Pfeife in der Hand an die Wand. Was die Porträts gemeinsam haben, ist die ruhige Konzentration, die es dem Betrachter ermöglicht, einen gelassenen, nicht wertenden, nüchternen, aber eben auch mitfühlenden Blick auf die Person im Bild zu haben.
LITERATUR Irving Penn, Moments Preserved, New York 1960, S. 128; John Szarkowski, Irving Penn, Museum of Modern Art, New York 1984, Taf. 13; Irving Penn, Passage. A Work Record, New York 1991, S. 57; Irving Penn. A Career in Photography, Chicago 1997, S. 67.
